Kaspar Meglinger
Der Luzerner Maler Kaspar Meglinger schuf in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts im Auftrag von Stiftspropst Ludwig Bircher den bemerkenswerten Bilderzyklus «Das ist der Lauf der Welt». Die acht grossformatigen Ölbilder finden Sie im Rittersaal des Schlosses.
Da fährt er, der Wagen des Reichtums! Vor ihm posiert die Wollust, gefolgt vom doppelköpfigen Verrat. Sorgfältig trägt er die Feuerschale, verschüttet gleichzeitig das Löschwasser. Und dahinter kennt das eitle Vergnügen nur eines: seine schimmernden, kurzlebigen Seifenblasen. Der elegante Fuhrmann ist die getarnte Hinterlist. Angetrieben vom Wucher, der den Geldbeutel schwingt, lenkt er seine maskengeschmückten Pferde, namens Betrug und Raub.
Opulentia heisst die Thronende, Gloria ihr Wagen. Gier, Verschwendung und die schnelle Lust bedeuten ihr alles – und zu ihren Füssen sitzt ihr Kind, die Superbia, der Hochmut.
Die Superbia, Tochter eines Reichtums, dem Freigebigkeit und Fürsorge fremd sind, ist erwachsen geworden. Mit Spiegel und Pfau beherrscht sie den Wagen der Eitelkeit.
Hochmut, Stolz und Ruhmsucht sind die Wurzeln, aus denen sich alle weiteren Todsünden und Laster ableiten. Sie erheben sich in Bereiche, die ihnen nicht zustehen. So zeigt die Tafel im Hintergrund den Turmbau von Babel. Neben ihm erscheinen Phaeton, der erbärmlich scheiterte, als er sich anmasste den Sonnenwagen von Helios zu lenken, und Ikarus, der in seinem Übermut zu nahe an die Sonne flog.
Auch die Superbia hat ein Kind, den Neid. Er sitzt zu ihren Füssen und verschlingt in seiner allumfassenden Zerstörung das eigene Herz. In der nächsten Tafel wird er oben thronen – und so geht es weiter im Zyklus Der Lauf der Welt und des menschlichen Lebens.
Acht grosse Bildtafeln hängen bei uns im Saal. Sie wurden um 1630 vom Luzerner Kaspar Meglinger, dem Maler des Totentanzes auf der Spreuerbrücke und des Bilderhimmels im Hergiswald gefertigt.
Die Vorlagen jedoch stammen von weit her und entstanden 70 Jahre früher: Bis zum Bildersturm von 1566 verwahrte man in der Liebfrauenkathedrale in Antwerpen ein Stück der Vorhaut des Christusknaben. Alljährlich am 1. Januar, dem Tag der Beschneidung und Namensgebung, ehrte man diese kostbare Leibreliquie mit einer grossen Prozession.
1562/63 zeichnete Marten van Heemskerck wie ein Reporter die Wagen des «Omegangs» Der Lauf der Welt und des menschlichen Lebensfreude, der mit kostümierten Schauspielern, Kommentatoren und gedruckten Programmheften durch die Strassen der reichen Handelsstadt zog. Mit einem erklärenden Text versehen wurden die Blätter von Cornelis Cort in Kupfer gestochen und über den Verlag Hieronymus Cock vertrieben.
Gedacht waren die Drucke für ein gebildetes, lateinkundiges Publikum. Auf welchen Wegen sie immer nach Beromünster gelangten – hier stiessen sie sicher auf grosses Interesse. Zudem pflegte (und pflegt) man am Stift und im Flecken prachtvolle Umzüge (Aufritt des Luzerner Landvogtes oder eines neuen Propstes; Auffahrt, Fronleichnam), und so gab Propst Ludwig Bircher (Wappen auf den Bilder jeweils unten links) den Auftrag für die acht Tafeln, die für die damalige Propstei (Gebäude C) bestimmt waren.